Beschreibung
Elastomere
Elastomere gehören zur Gruppe der Kunststoffe. Es gibt verschiedene Einteilungsarten der Kunststoffe, eine gängige ist die nach Ihrem mechanisch-thermischen Verhalten. Diese gliedert die Kunststoffe in Duroplaste (engmaschig vernetzte Polymere), Thermoplaste (unvernetzte Polymere) und Elastomere (weitmaschig vernetzte Polymere) ein. Elastomere sind also vernetzte (vulkanisierte) Kautschuke. Die Vernetzung erfolgt z. Bsp. durch Schwefel, Peroxiden oder Bestrahlung.
Eine der bekanntesten Eigenschaften dieses Werkstoffs ist, dass er zwar formfest, gleichzeitig aber elastisch ist. Diese Elastizität stellt ein statisch-dynamisches Gleichgewicht von Ordnung und Entropie dar, entgegen der von Federn bekannten Anziehungskräften zwischen sich ändernden Atomabständen. Daher speichert dieser Werkstoff keinerlei Spannenergie.
Beispiel einer Mischung
Bestandteil mit Prozentanteil am Beispiel NBR
30% Kautschuk (NBR) 1% Vernetzungsmittel (Schwefel)
44% Russ (schwarz) 0.7% Beschleuniger
18% Weichmacher 0.8% Stearinsäure (Vulkanisationsaktivatoren)
2% Verarbeitungshilfsmittel 2% Zinkoxid (Vulkanisationsaktivatoren)
1.5% Alterungsschutzmittel
Russ -> Verbesserung der mechanischen Eigenschaften (z. Bsp. Zugfestigkeit, Reissdehnung, Abrieb)
Weichmacher -> Erhöht die Plastizität und verbessert die Füllstoffverarbeitung. Beeinflusst z. T. die Tieftemperatur, Flexibilität und Härte.
Verarbeitungshilfsmittel -> wie z. Bsp. Wachse und Paraffine. Beeinflussen die Formbeständigkeit und die Entformung.
Alterungsschutzmittel -> verzögert die durch Licht-, Ozon-, Sauerstoff- (etc.) hervorgerufenen Alterungsvorgänge.
Beschleuniger -> verkürzt die Vulkanisationszeit bzw. setzt die Vulkanisationstemperatur herab.
Auswahlkriterien
Kriterium | Beispiele |
Medium | Flüssigkeiten, Gase |
Temperatur | Plus- oder Minus-Bereich |
Druck | Überdruck, Vakuum |
Einsatzart | dynamisch, statisch |
spezielle Anforderungen | ELL, FDA, elektrische Leitfähigkeit |
weitere Anforderungen | Härte, Farbe, Toleranzen |
Materialidentifikation
Dichte
- Gleiche Mischungs-Chargen haben immer die gleiche Dichte
- FKM hat eine relativ hohe Dichte (~1.8 -2.0)
Rückprall-Elastizität
- EPDM hat hohes Rückprallen
- FKM hat kein Rückprallen
- NBR hat mittleres Rückprallen
Thermogravimetrie
- Identifikation der Elastomer Mischung
- Beim Erhitzen der Proben auf über +700 °C verflüchtigen sich bei gewissen Temperaturen die Bestandteile
- Anhand eines Temperatur-/Gewichtsdiagrammes kann Art und Mischungsanteil bestimmt werden
Brandverhalten
- Beilsteinprobe -> grüne Flamme = chlorhaltige Mischung -> CR
- Flammtest (Brennverhalten, Art der Rückstände)
Flammtest
Polymer | Brennverhalten | Art der Rückstände | Charakteristische Merkmale |
Natur-Kautschuk NR |
Brennt sehr gut in eigener Flamme, gleichmässiges Brennverhalten, russende Flamme |
klebrig, schmierig, weich | charakteristischer Geruch |
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk NBR |
brennt gut in eigener Flamme, jedoch sehr ungleichmässig |
bröckelig, ganz leicht schmierig |
flackernde, spritzige Flamme |
Chloroprene-Kautschuk CR |
brennt nicht in eigener Flamme (flammwidrig), d.h. beim Entfernen der Flamme erlischt der Prüfling |
fest körnig, nicht schmierig | eher stechender Geruch |
Ethylen-Propylen-Kautschuk EPDM |
brennt sehr gut in eigener Flamme, russend |
sehr feinkörnig, ganz leicht schmierig |
stechender Geruch |
Fluor-Kautschuk FKM |
brennt nicht in eigener Flamme, heller Rauch |
nur sehr geringe Rückstände | sehr starker, stechender Geruch, Intensität kann z.B. mit Ammoniak verglichen werden |
Polyurethan-Kautschuk PUR |
brennt nicht in eigener Flamme, starker charakteristischer Geruch |
weich-flüssig, nach längerer Brennprobe tropft der Prüfling |
wird sofort an der Brennstelle flüssig, eine Art schmelzen |
Silikon-Kautschuk MVQ |
brennt nicht in eigener Flamme, Brennstelle wird weiss, Geruch nicht intensiv |
fest, weiss | gelb-weisse Flamme, weisser Rauch |
Kompressionsverhalten
- Elastomere sind grundsätzlich nicht komprimierbar – seitliche Ausweichmöglichkeit!
- Kraftaufwand von der Härte und Geometrie abhängig
- je grösser die freie Fläche umso kleiner der Formfaktor (Kraftaufwand)
Druckverformungsrest
Der Druckverformungsrest ist die definierte bleibende Verformung eines Elastomers nachdem die formändernde Belastung aufgehoben wurde.
Ein DVR von 0% bedeutet eine Vollständige Rückstellung (in der Realität nicht möglich), ein DVR von 100% bedeutet dass der Körper keine Rückstellung zeigt (völlige Verformung).
Der DVR ist abhängig von: Elastomer-Typ, Temperatur, Vulkanisationsgrad, Zeit und Form des Teils.
Ausfallgründe und Schadenanalyse
Merkmale | mögliche Ursachen |
Oberflächenrisse | Ozoneinwirkung, zu starke Aufdehnung, falsche Lagerung |
Risse und Verhärtung | Temperatureinflüsse, teilweise durch Mediums Einflüsse |
Verhärtung und Ausbrüche | zu hohe Temperaturen unter dynamischer Belastung |
Blasenbildung / Ausbrüche auf Oberfläche |
extrem schnelle Druckentlastung bei Gasabdichtungen (Metall -> dichtes Atomgitter, Elastomere -> lockeres 3D-Netzwerk) |
Abschälen / Materialausbrüche | hohe Drücke, zu grosse Dichtspalte, fehlender Back-up-Ring |
Quellung | Medium Beständigkeit 0-5% normal 5-15% statisch noch einsetzbar < 15% nicht mehr einsetzbar |
Starke Abblattung | bleibende Verformung, zu hohe Temperaturen, falsche Einbauräume, schlecht vulkanisiertes Material |
Abrieb | zu starke dynamische Belastung, Mangelschmierung, rauhe Oberfläche, zu starke Verpressung |
Vernetzungsarten
Schwefelvernetzung | Peroxydvernetzung |
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Korrosion durch Salzsäurebildung
“Billige” CR-Mischungen können bei erhöhter Temperatur Salzsäure abspalten. Dies gilt für alle chlorierten Elastomere. Durch entsprechende Stabilisatoren kann diese Salzsäurebildung verhindert werden.
Kontakt mit Kunststoffen
Weichmacher in Elastomeren können in Kontakt mit Kunststoffen folgende Reaktionen zeigen:
Kleben / Verfärben / Rissbildung (Polycarbonat) / Erweichung (PVC).
-> weichmacherfreie Werkstoffe einsetzen.
Elektrische Eigenschaften
Grundsätzlich sind russgefüllte Mischungen antistatisch mit einem elektrischen spezifischen Widerstand von 105 bis 109 Ω/cm. Russanteil ca. 60 – 65 %. Durch Änderung der Russstruktur wird ein Elastomer leitend (aktiver Russ), durch Beimischung von Russersatz wird ein Elastomer isolierend (Kaolin 15%).
Einfärben von Elastomeren
Werden Elastomere eingefärbt, muss der Füllstoff Russ durch helle Zusätze ersetzt werden. Dies wirkt sich sehr negativ auf die physikalischen und mechanischen Eigenschaften aus (Ausnahme: MVQ und PUR).
Lagerung von Elastomeren
Temperatur | optimal: +15 °C bis +25 °C. Tiefere Temperatuen sind möglich (nicht unter -10 °C) |
Feuchtigkeit | optimal: 50% – 60%, nicht extrem trockene oder feuchte Umgebung. |
Licht | keine direkte Sonnenbestrahlung oder Kunstlicht mit hohem UV-Anteil. |
Sauerstoff / Ozon | wenn möglich luftdichte Behältnisse verwenden. |
Deformation | keine Zug-, Druck- oder sonstige Verformung. |
Kontakt mit Flüssigkeiten | ist zu vermeiden. |
Lagerzeit Empfehlung | NBR / CR: 6 Jahre, EPDM: 8 Jahre, rest ca. 10 Jahre. |
Jeweilige Eigenschaften
Eigenschaft / Material | NR | EPDM | NBR | HNBR | CR | PUR | MVQ | FKM |
Bruchdehnung | 1 | 3 | 2 | 2 | 2 | 2 | 3 | 3 |
Stoßelastizität | 2 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 | 3 | 5 |
Abriebwiderstand | 2 | 3 | 2 | 2 | 2 | 1 | 4 | 4 |
Weiterreißwiderstand | 2 | 3 | 3 | 2 | 2 | 3 | 5 | 4 |
Druckverformungsrest bei -40 °C |
3 | 4 | 5 | 5 | 5 | 5 | 3 | 5 |
Druckverformungsrest bei +20 °C |
2 | 3 | 3 | 2 | 3 | 3 | 2 | 2 |
Druckverformungsrest bei +100 °C |
5 | 2 | 5 | 2 | 4 | 5 | 1 | 1 |
Kälteflexibilität | 2 | 2 | 3 | 3 | 3 | 4 | 1 | 5 |
Alterungs- beständigkeit |
3 | 1 | 3 | 1 | 2 | 2 | 1 | 1 |
Ozonbeständigkeit | 4 | 1 | 3 | 1 | 2 | 2 | 1 | 1 |
Benzinbeständigkeit | 5 | 5 | 1 | 1 | 2 | 1 | 5 | 1 |
Öl- und Fett- beständigkeit |
5 | 5 | 1 | 1 | 2 | 1 | 3 | 1 |
Säurebeständigkeit | 3 | 1 | 4 | 4 | 2 | 5 | 5 | 1 |
Laugenbeständigkeit | 3 | 2 | 3 | 3 | 2 | 5 | 5 | 1 |
Heißwasser- beständigkeit | 3 | 1 | 3 | 2 | 3 | 5 | 5 | 2 |
Gasdurchläßigkeit | 5 | 4 | 2 | 2 | 3 | 1 | 5 | 2 |
1 = sehr gut 2 = gut 3 = mittel 4 = mässig 5 = ungenügend |